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Vorbemerkung

Die Beziehung zu Julian Schmidt nimmt einen besonderen Stellenwert im Leben Gustav Freytags ein. Schmidt, im Jahr 1818 in Marienwerder geboren, war einer der bedeutendsten Literaturhistoriker und -kritiker des 19. Jahrhunderts. Seine Werke zur Geschichte der Literatur in Deutschland, England und Frankreich waren zur damaligen Zeit "Standardwerke". Zudem trat Julian Schmidt als Herausgeber damals aktueller "Klassiker" sowie mit Arbeiten über diese hervor: Kleist, Novalis, Schiller, Herder und Goethe seien hier exemplarisch genannt. Über einen Zeitraum von etwa 14 Jahren war Julian Schmidt zudem - gemeinsam mit Gustav Freytag - als Herausgeber der national-liberalen Zeitschrift "Die Grenzboten" tätig. Im Revolutionsjahr 1848 lernten sich die beiden als junge Männer kennen: Freytag war 32 Jahre alt, Schmidt zwei Jahre jünger. Fast 40 Jahre lang blieben sie seitdem miteinander verbunden. Nicht immer verlief alles in Einklang und Einvernehmen, doch blieb der Kontakt zwischen beiden (unter Einbeziehung ihrer späteren Ehepartner) bis zu Julian Schmidts Tod im Jahr 1886 erhalten.

In der nun folgenden Arbeit soll einiges dargestellt werden von der wechselvollen und facettenreichen Geschichte dieser Freundschaft, zunächst von der ersten Begegnung in Leipzig bis zum Jahr 1861, als Julian Schmidt von Leipzig nach Berlin übersiedelte. Anschließend wird der Zeitraum bis zum Tod Julian Schmidts (1886) betrachtet.

Neben den „Lebenserinnerungen“ Gustav Freytags sind in die folgende Abhandlung insbesondere seine Briefe an den Freund und Verleger Salomon Hirzel eingeflossen. Zudem wurde der Nachlass Julian Schmidts in Berlin hinzugezogen, der eine Reihe von Briefen Freytags an Schmidt enthält, welche nach meiner Kenntnis bisher noch nie in der Literatur über Freytag und Schmidt Berücksichtigung fanden. 1

Vergleicht man die beiden erstgenannten Quellen, so ergibt sich ein zum Teil divergierendes Bild der Beziehung zwischen Gustav Freytag und Julian Schmidt: in den privaten Briefen an Salomon Hirzel ist manches deutlicher ausgesprochen als in den für die Öffentlichkeit bestimmten autobiographischen Aufzeichnungen Freytags. In ihrer Einleitung zum Briefwechsel zwischen Gustav Freytag und seinem Freund Theodor Molinari äußern die Herausgeber Izabela Surynt und Marek Zybura Aufschlussreiches über die Funktion und Intention von Freytags „Lebenserinnerungen“: „Die autobiographische Schrift Freytags, Erinnerungen aus meinem Leben, die er der Gesamtausgabe seiner Werke (1887) voranstellte, schweigt sich über Freytags private Angelegenheiten völlig aus. Dies überrascht auch kaum, wenn man bedenkt, dass die Erinnerungen zur Zeit der größten Popularität Freytags erschienen sind, als die Auflagen seiner Werke ungewohnte Höhen erreichten und der Schriftsteller selbst einen gefragten Gegenstand des öffentlichen Interesses bildete… Da Freytag vor allem als ´Volkserzieher´ und nationalliberaler Autor von der Öffentlichkeit verstanden werden wollte und gar nicht als Privatperson, orientiert sich seine Autobiographie an anderen Erzählmustern als die – nicht selten sensationsfreudigen – bekenntnishaften Memoiren früherer Epochen… Nicht mehr die private Geschichte des Einzelnen steht im Mittelpunkt, … sondern die Geschichte des Staatsbürgers, des Staates und der Nation, was im deutlichen Hervortreten der historiographischen Komponente in autobiographischen Texten dieser Zeit erkennbar wird… Als nicht zufällig ist in diesem Kontext die Positionierung der Erinnerungen gleich am Anfang der Ausgabe der Gesammelten Werke Freytags (der erste Text im ersten Band) anzusehen, die den Gedanken an die bewusst unternommene Selbstinszenierung nahelegt. Denn vergleicht man Freytags Selbstbeschreibung bezüglich anderer Themen (seine Studienzeit, akademische Laufbahn, Freundeskreis oder Privatleben) mit seinen Behauptungen, die in Briefen an Freunde und Familienmitglieder auftauchen, dann erst wird die Skala der Autozensur, der bewussten Ausblendung oder Akzentverschiebung in der Darstellung bestimmter Sachverhalte sichtbar.“

Das Prädikat "unzensiert" bzw. "authentisch" darf man auch den ausschließlich im privat-freundschaftlichen Vertrauensverhältnis verfassten Briefen Freytags an Schmidt erteilen - das wird sich im weiteren Kontext deutlich zeigen. Somit basiert die folgende Darstellung auf einer "autozensierten" Quelle (Freytags "Lebenserinnerungen") sowie auf authentisch einzuschätzenden Dokumenten (seinen persönlichen Briefen an Hirzel und Schmidt).

 

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